Analog feiern, digital gerüstet sein: Beim Richtfest des Turnvereins Sindlingen (TVS) kamen beide Aspekte zum Tragen. Sindlingens größter Verein lud rund 40 Gäste an den Rohbau des neuen Mehrzweckgebäudes ein, das direkt neben der Sporthalle an der Mockstädter Straße entsteht.
Baubeginn war im März, der Grundstein wurde im April gelegt, jetzt flattern schon die rotweißen Bänder vom Richtfest-Bäumchen. „Es ist nicht selbstverständlich, dass man in solchen Zeiten Häuser baut“, sagte Vorsitzender Michael Sittig in Anspielung auf die vielen Einschränkungen und Schwierigkeiten durch das Corona-Virus: „Wir wollen optimal vorbereitet sein auf die Zeit nach Corona. Wir alle brauchen Gemeinschaft, Sport, Geselligkeit und ehrenamtliches Engagement, jetzt umso mehr.“
Die 2011 eingeweihte Sporthalle lässt keinen Spielraum für neue Angebote. Sie ist so gut wie ausgebucht. Die Erfahrungen der vergangenen Jahre haben auch gezeigt, was außerdem fehlt: eine Kontaktstelle für die Mitglieder. „Die zunehmende Fluktuation macht es notwendig, besseren Kontakt zu den Mitgliedern zu finden, um sie besser betreuen zu können“, erklärte Michael Sittig, warum im Neubau eine Geschäftsstelle eingerichtet wird. Ferner finden sich zwei Mehrzweckräume und ein Lagerraum auf den insgesamt 200 Quadratmetern.
Die Geschäftsstelle wird von Anfang an das Projekt „TVS 4.0“ umsetzen: „Durch die intensive Verwendung von Kommunikationstechnik im Rahmen der Corona-Problematik hat sich das Arbeitsverhalten der ehrenamtlichen Mitarbeiter unseres Vereins grundlegend geändert“, sagte der Vorsitzende. Deshalb treibt der TVS die Digitalisierung voran. Medientechnik, Schließsystem, Chipkarten, Informationsaustausch über eine gemeinsame Datenquelle („Cloud“) und weiteres werden im Neubau auf neustem Stand sein. Mitglieder erhalten digitale Ausweise mit verschiedenen Funktionen, die ihnen die Nutzung dieser top-modernen Technik ermöglichen.
„Der Turnverein ist etwas Besonderes und anderen immer voraus“, sagte Sportdezernent Markus Frank anerkennend. Frankfurt gibt 134 000 Euro zu den Baukosten von rund 350 000 Euro dazu. „Das ist gut investiertes Geld und lohnt sich für die Stadt“, findet Frank. Vereine könnten effektiver und bedarfsgerechter planen und bauen als die Stadt, die ihre Projekte immer langwierig ausschreiben muss, sagte er in seinem Grußwort. Deshalb fördere Frankfurt sehr gerne alle Vereine, die Eigentum schaffen.
Die, die das nicht können, profitieren von solchen wie dem Turnverein. „Die Halle wird immer mehr zum Mittelpunkt nicht nur unseres Vereins. Uns ist wichtig, dass der ganze Stadtteil davon partizipiert“, betonte Michael Sittig. Das zeige sich daran, dass Schulen und andere Vereine die Räume nutzen. Die neuen Übungsräume sollen auch als Besprechungs- und Schulungsräume dienen. Denkbar wären etwa Sitzungen beispielsweise von Ortsbeiratsmitgliedern oder eine Kinderbetreuung, während Eltern an Übungsstunden teilnehmen. Kraftgeräte, Spinning-Räder oder Matten, gelagert im neuen Lagerraum, können leicht und schnell in die beiden Räume geschoben werden. Modernste Medientechnik wird eingebaut, so dass personalisierte Übungsstunden mit virtuellen Übungsleitern den Umfang des sportlichen Angebotes erweitern können, nannte Sittig eine weitere Option.
Architektin des Neubaus ist Sabrina Schiffer. Ihr Vater Rudolph, der dem Turnverein auch schon bei der Sporthalle und anderen Projekten geholfen hat, hat die Statik berechnet. Beide sind Vereinsmitglieder. „Hier ist alles in guten Händen“, dankte Michael Sittig. Das Lob gelte auch für die Handwerker, die gut, pünktlich und schnell arbeiteten. Spengler Ralf Rollinger brachte den Richtspruch aus, danach hatten alle Gelegenheit, den Rohbau zu besichtigen.
Später soll der Übergang von der Sporthalle zum Neubau noch überdacht werden. „Damit schaffen wir einen zusätzlichen Aufenthaltsbereich, zum Beispiel für ein gemütliches Beisammensein“, sagte Michael Sittig. Dieses Dach fehlte zwar noch, trotzdem bekamen die Gäste schon einen Vorgeschmack darauf, wie es einmal sein wird. Vielen ging es wohl wie Markus Frank: „Nach all den Video-Konferenzen der vergangenen acht Wochen ist es schön, mal wieder analog und direkt mit Menschen zu tun zu haben.“ hn